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Tiefe Hirnstimulation verhindert im Mausmodell epileptische Anfälle

February 17, 2021: Experimenteller Ansatz zeigt neue Wege für die Therapie von Menschen mit medikamentenresistenter Epilepsie

Abstract

Mesial temporal lobe epilepsy (MTLE) is the most common form of focal, pharmacoresistant epilepsy in adults and is often associated with hippocampal sclerosis. Here, we established the efficacy of optogenetic and electrical low-frequency stimulation (LFS) in interfering with seizure generation in a mouse model of MTLE. Specifically, we applied LFS in the sclerotic hippocampus to study the effects on spontaneous subclinical and evoked generalized seizures. We found that stimulation at 1 Hz for 1 hr resulted in an almost complete suppression of spontaneous seizures in both hippocampi. This seizure-suppressive action during daily stimulation remained stable over several weeks. Furthermore, LFS for 30 min before a pro-convulsive stimulus successfully prevented seizure generalization. Finally, acute slice experiments revealed a reduced efficacy of perforant path transmission onto granule cells upon LFS. Taken together, our results suggest that hippocampal LFS constitutes a promising approach for seizure control in MTLE.


 

Epileptische Aktivität, ausgehend von einer oder mehreren erkrankten Hirnregionen im Bereich des Schläfenlappens, ist schwer einzudämmen. Viele Patientinnen und Patienten mit einer sogenannten Schläfenlappenepilepsie sprechen häufig nicht auf die Behandlung mit anti-epileptischen Medikamenten an, und die betroffenen Hirnareale müssen deshalb operativ entfernt werden. Leider verschafft dieser Eingriff nur etwa einem Drittel der Patienten Anfallsfreiheit, sodass die Entwicklung alternativer Therapieansätze von großer Bedeutung ist.


Wissenschaftler*innen um die Neurobiologin Prof. Dr. Carola Haas, Forschungsgruppenleiterinan derKlinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Freiburg und des Forschungszentrums BrainLinks-BrainTools, haben einen neuen Therapieansatz zur Prävention epileptischer Anfälle bei Schläfenlappenepilepsie erforscht. Sie zeigten bei Mäusen, dass sich mit einer niederfrequenten Stimulation bestimmter Hirnareale die epileptische Aktivität komplett beenden ließ. Statt mit Strom stimulierten die Forscher*innen die Zellen mit Licht. Dafür hatten sie zuvor ein lichtsensitives Molekül in die Zellen eingeschleust, das eine besonders präzise Stimulation erlaubt. Die Ergebnisse veröffentlichten sie im Dezember 2020 im Fachmagazin elife.

„Sobald wir die Hirnregion mit einer Frequenz von einem Hertz stimulierten, waren die epileptischen Anfälle verschwunden. Dieser Effekt war über mehrere Wochen stabil“, sagt Haas. Eine Gewöhnung, wie sie bei einer medikamentösen Therapie auftreten kann, fand nicht statt. Die Hirnregion wurde täglich eine Stunde stimuliert.

Schaltkreise und Zellen identifiziert

Bei einer Schläfenlappenepilepsie ist oft der Hippocampus krankhaft verändert und stellt meist den sogenannten Fokus der epileptischen Aktivität dar. In früheren Studien konnte auf Grundlage präziser genetischer Markierungstechniken bereits das Fasersystem und dessen synaptische Kontakte zwischen Schläfenlappen und Hippocampus dargestellt werden, welche bei einer Schläfenlappenepilepsie typischerweise erhalten bleiben. Die Forscher*innen nutzten dieses Fasersystem, um die Aktivität des Hippocampus unter dem Einsatz lichtabhängiger Proteine spezifisch und zeitlich präzise zu manipulieren. Bei der Messung der Hirnströme zeigte sich, dass eine rhythmische Aktivierung des erkrankten Hippocampus mit einer niedrigen Frequenz von einem Hertz die epileptische Aktivität unterdrückt und deren Ausbreitung verhindert.

Haas und ihre Kolleg*innen wiesen nach, dass die anti-epileptische Wirkung größtenteils auf die wiederholte Aktivierung der überlebenden Körnerzellen im Anfallsfokus zurückführen ist. Einzelzell-Untersuchungen bestätigten die Vermutung, dass die Körnerzellen aufgrund der Stimulation weniger erregbar sind und sich der epileptische Anfall dadurch weniger leicht ausbreitet. „Es ist auch möglich, dass wir einen weitgreifenden Netzwerkeffekt haben, da sich die Stimulation über die Schaltkreise des Hippocampus ausbreiten kann“, so Haas. In der Zukunft möchte das Team, zusammen mit der Medizinphysik des Universitätsklinikums Freiburg, das gesamte Gehirn während der Stimulation mittels Magnetresonanztomografie beobachten. Mit dieser Technik ließen sich weitere Hirnregionen identifizieren, die von der Stimulation betroffen sind. Entsprechende Erkenntnisse darüber könnten Aufschluss darüber geben, wie diese miteinander verbunden sind und welche weiteren Konsequenzen eine Stimulation hat.

Original-Titel der Studie

Hippocampal low-frequency stimulation prevents seizure generation in a mouse model of mesial temporal lobe epilepsy.

 

DOI: 10.7554/eLife.54518

 

Link zur Studie

https://elifesciences.org/articles/54518

Bildunterschrift

Bei einer langsamen Stimulation des Hippocampus blieben im Mausmodell die epileptischen Anfälle aus.

 

Bildquelle

Universitätsklinikum Freiburg / AG Haas

 

Kontakt

Prof. Dr. Carola Haas
Forschungsgruppenleiterin
Sektion für Experimentelle Epilepsieforschung
Klinik für Neurochirurgie
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-52950
carola.haas@uniklinik-freiburg.de

 

Quelle:

Uniklinik Freiburg

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