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Erstes Bernstein Symposium zum Thema Computational Neuroscience in Freiburg abgehalten — Kommunikation und Presse

Erstes Bernstein Symposium zum Thema Computational Neuroscience in Freiburg abgehalten

Austausch neuester Forschungsergebnisse

Freiburg, 18.10.2005

Vom 10.-12. Oktober haben sich erstmalig Forscher aus den vier deutschen Bernstein Zentren für Computational Neuroscience (BCCNs) in Freiburg getroffen, um ihre neuesten Forschungsergebnisse vorzustellen und zu diskutieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hatte im vergangenen Jahr die vier Bernstein Zentren (Berlin, Freiburg, Göttingen, München) eingerichtet, um damit wissenschaftliche Expertise in der Hirnforschung zu bündeln und so dem gemeinsamen Ziel, das Denken zu verstehen, näher zu kommen.

Bei diesem ersten Bernstein Symposium stellten die Forscher ihre Beiträge zu den verschiedensten Gebieten der Hirnforschung vor. Gemeinsam war allen Beiträgen das Ziel, zum Verständnis der Funktionsweise des Gehirns verstärkt mathematische oder algorithmische Modelle heranzuziehen. Diese theoretischen Modelle haben im Laufe des letzten Jahrzehnts eine dramatische Fortentwicklung erfahren. War es in den 90er Jahren lediglich möglich, einzelne Nervenzellen oder kleine Netzwerke aus einer Handvoll Zellen im Rechner nachzubilden, können jetzt mit Hilfe von eigens entwickelter Software und modernster Rechnercluster Netzwerke aus etwa 100.000 Nervenzellen simuliert werden. So viele Zellen finden sich in etwa in einem Kubikmillimeter Gehirn. Die mit solchen Simulationen verbundenen enormen technischen Herausforderungen können nur im Schulterschluss mit industriellen Partnern (zum Beispiel Honda Research Institute Europe GmbH, Infineon) bewältigt werden. Doch trotz der großen Fortschritte gilt es zu bedenken, dass ein reales menschliches Gehirn noch einmal ein bis zu 100.000-faches der Zellzahl solch künstlicher Netze umfasst. Von der Komplexität des biologischen Gehirns sind also selbst die ausgefeiltesten künstlichen Netze noch weit entfernt.

In der Tat verblüffen die aus echten Gehirnen gewonnenen Versuchsergebnisse die Forscher immer noch mit unerwarteten Eigenschaften. Das Bernstein-Symposium präsentierte eine Vielzahl solcher bislang unerklärter Phänomene, die sich aber vielleicht bald mit den gerade entwickelten Modellen verstehen lassen. Die Vielfalt der dabei untersuchten Organismen und Verhaltensleistungen reicht von der Stubenfliege bis hin zum Menschen, von der Bewegungskontrolle bis hin zur Spracherkennung. Auffällig ist dabei, dass bestimmte Wahrnehmungsleistungen in verschiedenen Organismen durchaus unterschiedlich realisiert werden. Warum ist das so? Andreas Herz vom BCCN Berlin stellte die Hypothese auf, dass das Gehirn jedes Organismus so gebaut ist, dass es die für ihn relevanten Sinnesinformationen optimal aus der Umwelt extrahiert.

Wie auf dieser makroskopischen Ebene finden sich erstaunlicherweise auch immer wieder noch offene Fragen auf einer mikroskopischen Ebene, die man schon fast verstanden geglaubt hatte. Zum Beispiel gibt es immer noch Eigenschaften bei der Bildung der einzelnen Nervenimpulse (Aktionspotentiale), die sich nicht mit den gängigen Lehrbuchmodellen erklären lassen, wie Fred Wolf und Mitarbeiter vom BCCN Göttingen aufzeigten.

Von praktischem Nutzen sind die Erkenntnisse der Computational Neuroscience besonders in biomedizinischen Anwendungen. Zum Beispiel arbeiten die Freiburger Forscher um Andreas Schulze-Bonhage daran, epileptische Anfälle nicht nur vorhersagen zu können, sondern eines Tages vielleicht sogar durch elektrische Stimulation, eine Art Hirnschrittmacher, zu verhindern. In den Berliner, Freiburger und Göttinger Zentren arbeiten Forscher an der Entwicklung neuer Verfahren, durch die gelähmte Patienten einzig mit ihrer Hirnaktivität neuronale Prothesen ansteuern können. Kurz vor der praktischen Anwendung steht ein von den Münchner Wissenschaftlern in Zusammenarbeit mit Infineon entwickeltes Spracherkennungssystem, das die neuesten Erkenntnisse aus der Physiologie der einzelnen Stationen der Hörbahn berücksichtigt.

Neben vielen inhaltlichen Highlights wurden auf dem Symposium auch strategische Aspekte diskutiert, etwa wie die Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Computational Neuroscience verbessert werden können. Einen großen Stellenwert nahmen dabei die Ausbildungsprogramme und insbesondere deren nationale und internationale Vernetzung ein. Dazu waren Repräsentanten von vergleichbaren Zentren und Ausbildungsprogrammen aus Großbritannien, Israel, Japan, USA, sowie Vertreter US-amerikanischer Förderorganisationen eingeladen. Mit solchen intensiven internationalen Kooperationen werden in Zukunft viele neue Wege beschritten werden können. Der angestrebte Plan wäre, dass junge Neurowissenschaftler nicht nur in den Genuss eines speziell auf sie zugeschnittenen interdisziplinären Ausbildungsprogramms kommen, sondern dieses sogar an verschiedenen Orten der Welt absolvieren können. Diese Zukunftsvision ist in den Bernstein Zentren schon in greifbare Nähe gerückt. Für einige Ausbildungsprogramme der BCCNs wurden bereits internationale Austauschmaßnahmen beschlossen. In Zukunft mag es also für den Bernstein –Nachwuchswissenschaftler nicht erst zum Postdoktorat auf in die weite Welt gehen, sondern bereits während der Promotionszeit. Der zu erwartende wissenschaftliche Zugewinn für die Promotionsprojekte und die Erweiterung des persönlichen Erfahrungshorizonts sind erheblich.


Kontakt:
Professor Dr. Ad Aertsen
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Institut für Biologie III
Tel.: 0761-203-2718
Fax: 0761-203-2860
Weitere Informationen:
http://www.bccn.uni-freiburg.de/news/Meeting_October_2005/home.html

 

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Zuletzt verändert: 18.10.2005
 

Erstes Bernstein Symposium zum Thema Computational Neuroscience in Freiburg abgehalten

Austausch neuester Forschungsergebnisse

Freiburg, 18.10.2005

Vom 10.-12. Oktober haben sich erstmalig Forscher aus den vier deutschen Bernstein Zentren für Computational Neuroscience (BCCNs) in Freiburg getroffen, um ihre neuesten Forschungsergebnisse vorzustellen und zu diskutieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hatte im vergangenen Jahr die vier Bernstein Zentren (Berlin, Freiburg, Göttingen, München) eingerichtet, um damit wissenschaftliche Expertise in der Hirnforschung zu bündeln und so dem gemeinsamen Ziel, das Denken zu verstehen, näher zu kommen.

Bei diesem ersten Bernstein Symposium stellten die Forscher ihre Beiträge zu den verschiedensten Gebieten der Hirnforschung vor. Gemeinsam war allen Beiträgen das Ziel, zum Verständnis der Funktionsweise des Gehirns verstärkt mathematische oder algorithmische Modelle heranzuziehen. Diese theoretischen Modelle haben im Laufe des letzten Jahrzehnts eine dramatische Fortentwicklung erfahren. War es in den 90er Jahren lediglich möglich, einzelne Nervenzellen oder kleine Netzwerke aus einer Handvoll Zellen im Rechner nachzubilden, können jetzt mit Hilfe von eigens entwickelter Software und modernster Rechnercluster Netzwerke aus etwa 100.000 Nervenzellen simuliert werden. So viele Zellen finden sich in etwa in einem Kubikmillimeter Gehirn. Die mit solchen Simulationen verbundenen enormen technischen Herausforderungen können nur im Schulterschluss mit industriellen Partnern (zum Beispiel Honda Research Institute Europe GmbH, Infineon) bewältigt werden. Doch trotz der großen Fortschritte gilt es zu bedenken, dass ein reales menschliches Gehirn noch einmal ein bis zu 100.000-faches der Zellzahl solch künstlicher Netze umfasst. Von der Komplexität des biologischen Gehirns sind also selbst die ausgefeiltesten künstlichen Netze noch weit entfernt.

In der Tat verblüffen die aus echten Gehirnen gewonnenen Versuchsergebnisse die Forscher immer noch mit unerwarteten Eigenschaften. Das Bernstein-Symposium präsentierte eine Vielzahl solcher bislang unerklärter Phänomene, die sich aber vielleicht bald mit den gerade entwickelten Modellen verstehen lassen. Die Vielfalt der dabei untersuchten Organismen und Verhaltensleistungen reicht von der Stubenfliege bis hin zum Menschen, von der Bewegungskontrolle bis hin zur Spracherkennung. Auffällig ist dabei, dass bestimmte Wahrnehmungsleistungen in verschiedenen Organismen durchaus unterschiedlich realisiert werden. Warum ist das so? Andreas Herz vom BCCN Berlin stellte die Hypothese auf, dass das Gehirn jedes Organismus so gebaut ist, dass es die für ihn relevanten Sinnesinformationen optimal aus der Umwelt extrahiert.

Wie auf dieser makroskopischen Ebene finden sich erstaunlicherweise auch immer wieder noch offene Fragen auf einer mikroskopischen Ebene, die man schon fast verstanden geglaubt hatte. Zum Beispiel gibt es immer noch Eigenschaften bei der Bildung der einzelnen Nervenimpulse (Aktionspotentiale), die sich nicht mit den gängigen Lehrbuchmodellen erklären lassen, wie Fred Wolf und Mitarbeiter vom BCCN Göttingen aufzeigten.

Von praktischem Nutzen sind die Erkenntnisse der Computational Neuroscience besonders in biomedizinischen Anwendungen. Zum Beispiel arbeiten die Freiburger Forscher um Andreas Schulze-Bonhage daran, epileptische Anfälle nicht nur vorhersagen zu können, sondern eines Tages vielleicht sogar durch elektrische Stimulation, eine Art Hirnschrittmacher, zu verhindern. In den Berliner, Freiburger und Göttinger Zentren arbeiten Forscher an der Entwicklung neuer Verfahren, durch die gelähmte Patienten einzig mit ihrer Hirnaktivität neuronale Prothesen ansteuern können. Kurz vor der praktischen Anwendung steht ein von den Münchner Wissenschaftlern in Zusammenarbeit mit Infineon entwickeltes Spracherkennungssystem, das die neuesten Erkenntnisse aus der Physiologie der einzelnen Stationen der Hörbahn berücksichtigt.

Neben vielen inhaltlichen Highlights wurden auf dem Symposium auch strategische Aspekte diskutiert, etwa wie die Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Computational Neuroscience verbessert werden können. Einen großen Stellenwert nahmen dabei die Ausbildungsprogramme und insbesondere deren nationale und internationale Vernetzung ein. Dazu waren Repräsentanten von vergleichbaren Zentren und Ausbildungsprogrammen aus Großbritannien, Israel, Japan, USA, sowie Vertreter US-amerikanischer Förderorganisationen eingeladen. Mit solchen intensiven internationalen Kooperationen werden in Zukunft viele neue Wege beschritten werden können. Der angestrebte Plan wäre, dass junge Neurowissenschaftler nicht nur in den Genuss eines speziell auf sie zugeschnittenen interdisziplinären Ausbildungsprogramms kommen, sondern dieses sogar an verschiedenen Orten der Welt absolvieren können. Diese Zukunftsvision ist in den Bernstein Zentren schon in greifbare Nähe gerückt. Für einige Ausbildungsprogramme der BCCNs wurden bereits internationale Austauschmaßnahmen beschlossen. In Zukunft mag es also für den Bernstein –Nachwuchswissenschaftler nicht erst zum Postdoktorat auf in die weite Welt gehen, sondern bereits während der Promotionszeit. Der zu erwartende wissenschaftliche Zugewinn für die Promotionsprojekte und die Erweiterung des persönlichen Erfahrungshorizonts sind erheblich.


Kontakt:
Professor Dr. Ad Aertsen
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Institut für Biologie III
Tel.: 0761-203-2718
Fax: 0761-203-2860
Weitere Informationen:
http://www.bccn.uni-freiburg.de/news/Meeting_October_2005/home.html

 

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